Zweiter Anlauf
Wir haben uns schon im vorigen Jahr in den Beiträgen „Der Tod der Meinungsfreiheit“
und „Das Terrorgesetz“ mit dem Paragrafen 283 StGB und dessen geplanter Novellier-
ung befasst.
Mehrere eingegangene Mails sind der Anlass dazu, dass wir uns wiederholt mit der noch- malig geplanten Novellierung des § 283 StGB befassen. Bereits im vorigen Jahr stieß die Regierung auf scharfe Kritik, weil sie unter dem Deckmantel der Terrorismusbekämpfung eine massive Einschränkung der Meinungsfreiheit vornehmen wollte. In einem Mail wur- den wir ersucht eine Kampagne gegen den nun zweiten Novellierungsversuch zu unter- stützen. Ihren Protest können geneigte Leser(innen) unter LINK1 oder LINK2 abgeben. Dazu möchten wir aber anmerken, dass die Webseite „www.tfp.at“ nicht auf unserer Linie liegt, wir aber den Protest gegen die Novellierung überregional sehen und daher diese Kampagne unterstützen.
Die Bundesregierung startet trotz harscher Kritik einen zweiten Versuch den Paragra- fen 283 StGB zu novellieren, um so unliebsamen Kritiker(innen) den Mund zu verbieten. Federführend bei diesem Vorhaben ist die SPÖ, bei der auf Meinungsfreiheit offenbar kein gesteigerter Wert gelegt wird. Dass die ÖVP bei diesem Vorhaben mitzieht erstaunt uns eigentlich. Diese Partei, die sich schon seit geraumer Zeit im freien Fall befindet, wird von ihren konservativen Wähler(innen) bei der nächsten Wahl sicherlich die Rechnung präsentiert bekommen.
Das ist der zur Zeit gültige Wortlaut des § 283 StGB
Verhetzung
§ 283. (1) Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu ge-
fährden, zu einer feindseligen Handlung gegen eine im Inland bestehende Kirche oder
Religionsgesellschaft oder gegen eine durch ihre Zugehörigkeit zu einer solchen Kirche
oder Religionsgesellschaft, zu einer Rasse, zu einem Volk, einem Volksstamm oder
einem Staat bestimmte Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu
zwei Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Grup-
pen hetzt oder sie in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder
verächtlich zu machen sucht.
Ein Paragraf für Nordkorea oder China
Wir haben uns bereits in den eingangs erwähnten Beiträgen aus dem Vorjahr dahingehend
geäußert, dass der erste Absatz dieses Paragraphen für jeden zivilisierten Menschen nach-
vollziehbar ist. Um seine Meinung zu propagieren sollte keiner Person das Recht zustehen,
dies mit einem Aufruf zur Gewalt zu tun. Auch die Verbreitung von Hassreden die geeignet
sind die öffentliche Ordnung zu gefährden, sind kein adäquates Mittel zur Meinungsäußer-
ung.
Der zweite Absatz des § 283 StGB hingegen ist unserer Meinung nach einer Demokratie
ohnehin nicht würdig, sondern passt eher in diktatorische Staatssysteme wie Nordkorea
oder China. Mit einer fantasievollen Interpretation dieses Gesetzestextes ist die Meinungs-
freiheit in Österreich gestorben.
Was heißt „beschimpft“ oder „verächtlich machen“? Eine Kritik wird nie eine Lobeshymne
auf einen Zustand oder eine Person sein. Kritik kann subjektiv stets als Beschimpfung oder
Verächtlichmachung empfunden werden. Umso gut wie jede Kritik verstummen zu lassen,
versucht man mit einer Gesetzestextänderung im 1.Absatz, dem Absatz 2 mehr Gewicht-
ung zu geben.
Aber auch der Wortlaut des Absatzes 2 wurde verschärft, um offenbar jede Kritikmöglich-
keit im Keim zu ersticken. Waren im bisherigen Gesetzestext die im Absatz 1 bezeichneten
Gruppen vor Kritik geschützt – die man je nach Interpretation auch als Hetze auslegen
kann – sind nun auch einzelne Mitglieder dieser Gruppen inkludiert.
Das wäre der Wortlaut des novellierten § 283 StGB
Verhetzung
§ 283. Wer öffentlich auf eine Weise, die geeignet ist, die öffentliche Ordnung zu gefähr-
den, oder wer für eine breite Öffentlichkeit wahrnehmbar zu Gewalt oder zu einer sonstigen
feindseligen Handlung gegen eine Kirche oder Religionsgesellschaft oder eine andere nach
den Kriterien der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion oder der Weltanschauung,
der Staatsangehörigkeit, der Abstammung oder nationalen oder ethnischen Herkunft, des
Geschlechts, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung definierte Gruppe
von Personen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen
Zugehörigkeit zu dieser Gruppe auffordert oder aufreizt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu zwei
Jahren zu bestrafen.
(2) Ebenso ist zu bestrafen, wer öffentlich gegen eine der im Abs. 1 bezeichneten Gruppen oder gegen ein Mitglied einer solchen Gruppe ausdrücklich wegen dessen Zugehörigkeit zu dieser Gruppe hetzt oder eine solche Gruppe in einer die Menschenwürde verletzenden Weise beschimpft oder verächtlich zu machen sucht.
Kritik wird flächendeckend unterbunden
In Verbindung mit dem Absatz 2 dürfte nun beispielsweise nicht einmal ein einziger Sekten-
angehöriger, geschweige denn die ganze Gruppe kritisiert werden. Denn die Begriffe
„Religion“ und „Religionsgesellschaft“ werden ohne nähere Erläuterung angeführt
und Sekten wie Satanisten oder dergleichen verstehen und sehen sich sehr wohl als
Religionen oder Religionsgesellschaften.
Auch könnte die Bezeichnung „Altersschwachsinn“ als Verhetzung ausgelegt werden. Interessant ist der Begriff der Weltanschauung, der ebenfalls nicht näher erläutert wird. Wenn jemand eine nationalsozialistische oder sonstig menschenverachtende Weltan- schauung hat, darf weder er noch eine Gruppe mit der gleichen Weltanschauung kriti- siert werden. Denn dies käme ebenfalls einer Verhetzung gleich.
Aber nicht nur weltliche Kritiker laufen in Gefahr wegen Verhetzung angezeigt zu werden. Denn alle in Österreich anerkannten Religionsgemeinschaften lehnen zum Beispiel die Homo-Ehe ab und stehen der Homosexualität im allgemeinen sehr kritisch bis ablehnend gegenüber. Da wird beispielsweise jede Sonntagspredigt für den Geistlichen zum verbalen Spießrutenlauf werden, sobald er dieses Thema behandelt.
Wir könnten noch zahlreiche Beispiele aufzählen die aufzeigen, dass der Paragraf 283 StGB vorwiegend darauf abzielt kritische Menschen mundtot zu machen. Unserer Meinung nach ist er ein Einschüchterungsparagraf, der in einem demokratischen Staatsgefüge eigentlich keinen Platz finden dürfte. Mit der Terrorismusbekämpfung hat er jedenfalls nicht das Geringste zu tun.
Kritiker(innen) sollten sich künstlerisch betätigen
Es gäbe theoretisch eine Möglichkeit den Paragrafen 283 elegant zu umgehen. Es gibt
in der Alpenrepublik zahlreiche staatliche Kunstliebhaber, die Fäkal- und Urinierkunst
fördern und mit Steuergeld prämieren, selbst wenn dabei auf die Vielfalt von Wien ge-
schissen und auf die österreichische Fahne gepinkelt wird.
Offenbar ist die Freiheit der Kunst grenzenlos und es sind auch keinerlei rechtliche Konsequenzen zu erwarten. Daher können wir kritischen Menschen nur anraten, ihre Meinung in Kunstform abzugeben. Damit stehen die Chancen den § 283 StGB auszu- hebeln nicht schlecht und im günstigsten Fall gibt es Subventionen oder gar eine Prämierung.
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2011-10-05