Illegale Putzfrau ist zeichnungsberechtigt


Mahnklage

Dass eine illegal beschäftigte Putzfrau als Postempfangsberechtigte für amtliche Schreiben
eines Gerichts gesehen wird, möge als erstaunlich erscheinen.  Tatsächlich war dieser Fall
aber eingetreten.

Im  betreffenden  Fall  ging es um ein  sogenanntes  Mahnverfahren  oder auch  Mahnklage

genannt. Der Kläger bringt seine Geldforderung ( max. bis zu 75.000,- Euro) bei Gericht ein.
Dieses überprüft  vorerst nicht ob diese Forderung gerechtfertigt ist,  sondern stellt dem ver-
meintlichen Schuldner einen Zahlungsbefehl zu.

Zustellung zu eigenen Handen

Wenn der Empfänger gegen den Zahlungsbefehl  innerhalb einer vierwöchigen Frist nicht
beruft,  erwächst dieser in Rechtskraft.  Bei einer  Berufung wird der  Fall verhandelt. Zahl-
ungsbefehle  werden vom  Gericht  immer mittels RSA-Briefes (blaues Kuvert)  versendet
und müssen eigenhändig zugestellt werden. Eine Ausnahme besteht nur dann,  wenn der
Empfänger einen  Postempfangsberechtigten hat.  Und dieser  Umstand macht  folgenden
Fall so erstaunlich.

Illegale Putzfrau übernahm amtliche Post

Was war geschehen?  Ein  Firma aus der  Steiermark hatte eine  Putzfrau  beschäftigt,  die
unkorrekter  Weise nicht angemeldet war.  Diese reinigte  einmal in der Woche  die Räum-
lichkeiten des Betriebes ausserhalb der Öffnungszeit,  in der ausser ihrer Person niemand
anwesend war. Die Belegschaft des Unternehmens befand sich zu dieser Zeit sogar nach-
weislich auf einem Firmenausflug.

Just zu diesem Zeitpunkt kam  der Briefträger,  um die Post, unter  der sich auch ein Zahl-
ungsbefahl über rund 14.500,- Euro befand, zuzustellen. Die illegal beschäftigte Putzfrau

bestätigte den  Empfang des  gerichtlichen  Schreibens,  gab  dieses jedoch  nicht an die
Geschäftsleitung  weiter,  sondern legte dieses  angeblich auf  den Schreibtisch  des Ge-
schäftsführers. Jedenfalls gelangte das Gerichtsschreiben nie in dessen Hände.

Wiedereinsetzung beantragt

In Folge waren weder der Firmeninhaber, noch dessen Geschäftsführer in Kennntis dieses
Zahlungsbefehles.  Daher erfolgte auch kein Einspruch gegen  diesen und das Gericht be-
willigte nach  Verstreichung der  Einspruchsfrist,  die Exekution der offenen Forderung. Der
Geschäftsführer war über alle Maße erstaunt,  als ihm die Exekutionsbewilligung zugestellt
wurde.

Er beantragte beim zuständigen Landesgericht die nochmalige Zustellung des Zahlungsbe-
fehles oder eine  Wiedereinsetzung des Verfahrens in den vorigen Stand.  Beim LG Leoben
hatte man  aber offenbar  keine Lust  auf  Mehrarbeit,  wies den  Antrag  zurück und hielt die

Exekutionsbewilligung aufrecht.

Daraufhin  wandte sich der  betroffene Geschäftsführer  an das  OLG Graz  und erhielt dort

Recht. Eine Putzfrau die einmal wöchentlich ausserhalb der Öffnungszeit die Firmenräum-
lichkeiten reinigt, ist für amtliche Firmenpost nicht empfangsberechtigt.

Illegale Putzfrau ist zeichnungsberechtigt

Diese Entscheidung gefiel  wiederum dem Exekutionsbetreiber nicht,  sah er doch schon
die  geforderte  Summe in  seiner  Kasse.  Schlussendlich landete  die ganze  Causa vor
dem OGH und dieser entschied in der Tat höchst erstaunlich.

„Der Senat gelangte zur  Erkenntnis,  dass im vorliegenden Fall die  Reinigungskraft als
Arbeitnehmerin  der  Beklagten  und  damit   als   taugliche  Ersatzempfängerin iSd § 16
ZustG zu qualifizieren ist.“

Die gesamte OGH-Entscheidung können Sie hier downloaden.


Auf gut Deutsch heisst dies,  dass sogar eine illegal beschäftigte Putzfrau in einem Betrieb

bedingt   zeichnungsberechtigt ist.  Dieses Senatserkenntnis beweist,  dass auch der OGH
in der Lage ist  realitätsfremde Urteile zu fällen.  Jedenfalls musste der Geschäftsführer die
14.500,- Euro bezahlen, obwohl nie in einem Gerichtsverfahren geklärt werden konnte, ob
diese Forderung zu Recht bestand.

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2010-12-26