Erstaunliches Erkenntnis des OGH
Der OGH ist zu einem erstaunlichen Erkenntnis gekommen. Wenn in einem Beitrag auf
die Unschuldsvermutung von jemanden hingewiesen wird, ist nicht selten das Gegenteil
gemeint. Dieser Satz werde von den Medien gerne verwendet, um nicht selbst mit dem
Gesetz in Konflikt zu geraten.
Also was soll man in Zukunft tun? Den Verweis auf die Unschuldsvermutung weglassen, um sich eventuell eine Klage einzuhandeln. Mit einer derartigen Rechtsmeinung, würden sich die meisten Berichterstattungen ad absurdum führen.
Kampf um jeden Leser
Auslöser für dieses erstaunliche OGH-Erkenntnis, war ein Rechtsstreit zwischen der Tages-
zeitung „Österreich“ und dessen Herausgeber Wolfgang Fellner mit der Gratis-Zeitung
„Heute“.
„Österreich“ das ist jene Zeitung die glaubte, vom Online-Magazin ERSTAUNLICH, Fotos zum Nulltarif entnehmen zu dürfen. Vor Gericht wurde die Tageszeitung dann eines Besseren belehrt. Aber zurück zum Thema. „Österreich“ stritt mit „Heute“ wegen angeblich nicht, oder doch bezahlter Autobahnvignetten. Nichts besonderes, aber wenn sich zwei nicht leiden können und um die Gunst eines jeden Lesers buhlen, ist dies Grund genug für eine gerichtliche Auseinandersetzung. Denn viele Leser bedeuten viele bezahlte Werbeeinschaltungen.
Unschuldsvermutung ist Schuldvermutung
Dieser Rechtsstreit ist auch nicht Thematik dieses Beitrags, sondern dass sich das Höchst-
gericht an der im „Heute-Beitrag“ schriftlich festgehaltenen Unschuldsvermutung von
Wolfgang Fellner stieß. Nebenbei bemerkt war diese überflüssig, da Schulden ohnehin keinen strafrechtlichen Tatbestand bilden. Zu der in der Tageszeitung „Heute“ zitierten Unschuldsvermutung von Fellner, meinte der OGH wörtlich: „ Weshalb der durchschnittliche Leser aus diesen eindeutigen Formulierun- gen ableiten soll, dass nicht der Kläger persönlich, sondern eine (nicht einmal von ihm ver- tretene) Gesellschaft geklagt wurde, ist nicht erkennbar.
Vielmehr zielt der Artikel durch den ohne jede Grundlage erfolgenden Hinweis auf die Un- schuldsvermutung in subtiler Weise darauf ab, den Kläger in einen strafrechtlichen Zusam- menhang zu stellen.“
Aus dem Zitat des OGH könnte durchaus abgeleitet werden, dass die Höchstrichter den österreichischen Durchschnittsleser für einen Vollidioten halten. Allerdings auch kein Wun- der, will uns doch die Pisa-Studie Glauben machen, dass die meisten ohnehin nicht sinner- fassend lesen können.
Lukratives Geschäft für Medienanwälte
Jedenfalls werden sich KHG und seine Freunde über eine derartige Rechtsmeinung des
OGH freuen. Schließlich fetten gewonnene Medienverfahren die Haushaltskassa dement-
sprechend auf. Wenn diese Meinung richtungsweisend ist, werden Medienanwälte in Zu-
kunft sehr viel zu tun bekommen.
Denn auch jeder Ostblockräuber wird sagen, dass ihm mit der Unschuldsvermutung in einem Zeitungsartikel, ein vorsätzlich schuldhaftes Verhalten unterstellt wurde. Wir fragen uns manchmal was sich Höchstrichter eigentlich denken, wenn sie derartiges der Öffent- lichkeit kundtun.
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2010-12-20