Der Schmäh mit dem Erdgas


Erdgasüberschuss

Wien Energie dürfte einen erheblichen Überschuss an Erdgas besitzen und will offenbar
groß ins  gewinnträchtige  Tankstellengeschäft  einsteigen.  Denn  anders ist es  nicht zu
erklären, dass der Rote Energieversorger plötzlich kräftig die  Werbetrommel für Erdgas-
autos rührt und damit wirbt, dass Erdgas um 60 Prozent günstiger als Benzin ist.

Wie abgekartet das Treibstoffpreis-Spiel ist zeigt sich schon darin, dass Wien Energie die

Treibstoffpreise voraussagt.  Ein Liter Eurosuper dürfte im Jänner 1,284 Euro kosten,  ein
Liter Diesel  1,239 Euro  (Durchschnittspreise von Dezember plus neue Steuern),  so der
städtische Energieversorger.

Milchmädchen-Rechnung

Erstaunlich erschreckend ist aber das technische Unwissen der Verantwortlichen von Wien
Energie, mit dem diese ihre Werbekampagne betreiben. So wird in dieser APA-OTS folgen-
der Vergleich aufgestellt:

Preis pro Liter/kg  Durchschnitts- Kosten pro Kosten auf  
         (Preis von Dezember verbrauch      100 km     15.000 km
         plus neue Steuern)  pro 100 km
 
Erdgas          0,914               4,3                  3,93            590,–
Eurosuper     1,284               7,8                10,02          1.503,–
Diesel           1,239               5,6                 6,94          1.041,–

Der erstaunlich niedrige Verbrauch eines mit Erdgas betriebenen Autos zum vergleichbaren
Benziner wird dann wie folgt begründet:  „Der niedrige  Verbrauch von  Erdgasautos liegt im
höheren Brennwert“
.  Das ist natürlich absoluter Nonsens. Zwar hat Erdgas eine höhere Ok-

tanzahl (110 gegenüber 98), dies wirkt sich aber nur auf die Klopffestigkeit und nicht auf die
Leistung oder den Verbrauch eines Motors aus.

In der Realität gibt es keinen Unterschied im Verbrauch und in der Leistung vergleichbarer
Motore.  Diese  Erkenntnis ist  nicht auf unserem Mist gewachsen,  sondern in  zahlreichen

Tests festgehalten, in denen Fahrzeuge im Alltagsbetrieb getestet wurden.

Daher ist der angegebene  Wert des Erdgasautos von 4,3 Liter  gegenüber dem gleichwert-

igen Benziner mit 7,8 Liter, reines Wunschdenken oder eine schlecht ausgeklügelte Werbe-
strategie.  Unbestritten ist jedoch der günstige Preis,  der von Wien-Energie so offeriert wird:
„Ein Kilogramm des umweltfreundlichen Treibstoffs kostet in Wien derzeit 0,914 Euro.“

Betonung auf „derzeit“

Fairerweise muß man sagen, dass in der Preisansage von Wien-Energie das Wort „derzeit“
angeführt wurde. Denn dieser Preis wird sich schlagartig ändern, wenn genügend Erdgas-
autos auf unseren Strassen unterwegs sind.

Das  Phänomen  einer  blitzartigen  Treibstoff-Preisänderung nach oben,  haben  wir  schon

mehrmals erlebt.  Zum Beispiel in den  70iger Jahren  mit dem Flüssiggas.  Kaum waren ge-
nug Pkws damit ausgerüstet,  schnellte der Gaspreis explosionsartig nach oben.  Durch den
Mehrverbrauch dieser Fahrzeuge, zahlte sich der Betrieb mit Flüssiggas schlussendlich gar
nicht mehr aus.

Aber auch die sparsamen Dieselautos waren ein Musterbeispiel  für eine derartige Geschäfts-
praktik.  Welche Werbekampagne wurde erst in jüngster Zeit betrieben,  um sparsame Diesel-
fahrzeuge  an den  Mann,  bzw. die Frau zu bringen.  Kaum  waren die  Verkaufszahlen erfüllt
und  fast  jeder  zweite Pkw  auf  unseren  Strassen  dieselbetrieben,  erlebte  der  Dieselpreis

einen wahren Höhenflug, der bis zum heutigen Tage anhält.

Melkkühe gesucht?

Berechnet man die Umrüstungskosten, bzw. den erhöhten Anschaffungspreis eines Erdgas-
autos,  sowie das zur Zeit spärlich vorhandene Versorgungsnetz  (dadurch höhere Anfahrts-
kosten), wird diese angebotene Energieversorgung vorerst ein Nullsummenspiel werden.

Bedenkt man dann  die Preisexplosion,  die mit Sicherheit erfolgen wird  wenn ausreichend
Erdgasautos verkauft wurden, werden die Autofahrer(innen) wie gewohnt als Melkkühe der
Nation überbleiben und kräftig draufzahlen.

Sozialer Gedanke weit gefehlt

Auf die Idee,  den Überschuss an Erdgas  zu einem fairen Preis an die  Bevölkerung abzu-
geben, ist man beim Roten Energieversorger offenbar nicht gekommen. Da spielt es keine
Rolle ob  Mindestrentner in ihren  Wohnungen frieren,  weil sie ihre Heizungen abschalten
müssen, da der Gaspreis für sie fast unerschwinglich geworden ist.

Aber vom sozialen Gedanken hält man bei  Wien-Energie nicht viel und versucht sein Glück
lieber  im  Tankstellengeschäft.  Und  wenn  die  Autofahrer(innen)  nach den Negativerfahr-

ungen mit Flüssiggas und Diesel nun nicht mehr so naiv sind und den verlockenden Werbe-
angeboten von  Wien-Energie die  kalte Schulter zeigen,  ist auch  nichts passiert.   Der Rote
Energieversorger wird weiterhin den Erdgasüberschuss horten und die Mindestrentner wer-
den weiterhin in ihren Wohnungen frieren.

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2011-01-02