Wiener Wohnen kündigt Behinderte auf Verdacht


Skandal bei Wiener Wohnen

Wenn folgende Handlung ein privater Zinshausbesitzer machen würde, wären ihm Schlag-
zeilen in allen Tageszeitungen garantiert. Auch diverse Mietervereinigungen und die AK
(Arbeiterkammer) würden ihn in der Luft zerreißen.
Nicht so ist es wenn der größte Hausherr Wiens, die Gemeinde Wien,  eine derartige
Aktion abzieht. Da bewahren alle mögliche Stellen größtes Stillschweigen. In einer
heutigen APA-OTS Aussendung des freiheitlichen Behindertensprechers NAbg. Norbert
Hofer, sind wir auf diesen Skandal gestoßen und haben nachrecherchiert.
Ein Mitarbeiter von uns hat mit der betroffenen Person, Frau Eveline Ioannidis, ein sehr
langes Telefongespräch geführt und diese erzählte eine erstaunlich traurige Geschichte
über die soziale Kälte von Wiener Wohnen, gegenüber ihr als Behinderte.

Der Leidensweg

Frau Eveline Ioannidis ist seit 1986 Hauptmieterin einer Altbaugemeindewohnung in Wien
14., Spallartgasse 26-28/2/3/16. Die seinerzeit als Kategorie C angemietete Wohnung wurde
in Eigenregie auf Kategorie A aufgewertet. Auch ist sie noch nie mit dem Mietzins in Rück-
stand gewesen und das seit 24 Jahren, seit dem sie in dieser Wohnung lebt.
Die mittlerweile 50-jährige Eveline Ioannidis war 25 Jahre lang als Krankenschwester im
Geriatriezentrum Baumgarten tätig. Anfangs des neuen Jahrtausend schlug bei ihr das
Schicksal unbarmherzig zu.
Teilweise bedingt durch ihre körperlich schwere Arbeit im Pflegeheim, bekam sie Probleme
mit ihrem Rücken. Und als wenn dies nicht genug gewesen wäre, erkrankte sie zusätzlich
an der Autoimmunerkrankung.
Ihre Krankheit nahm von 2002 bis 2005 einen derart rasanten Verlauf, sodass man ihr im
Jahr 2005 eine 100-prozentige Erwerbsunfähig attestierte und sie in Pension schickte. Seit-
dem ist sie in Pflegestufe 2 und zu 50 Prozent behindert. Ferner benötigt sie permanent
ärztliche Betreuung und ständige Pflege.

Samstag und Sonntag im Wochenendhaus

Während der Wochentage lebt E. Ioannidis in der oben angeführten Gemeindebauwohn-
ung. Die Wochenenden verbringt sie mit ihrem Mann im gemeinsamen Wochenendhaus im
Burgenland. Ein ständiger Umzug dorthin kam aber nicht in Frage, da in der kleinen burgen-
ländischen Gemeinde, die von ihr benötigte ärztliche Versorgung nicht gegeben ist.
E. Ioannidis ist gehbehindert und besitzt auch keinen Führerschein. Auf Grund ihrer man-
gelnden Mobilität, entschloss sich das Ehepaar von Montag bis Freitag in Wien zu leben.
Da ihr Mann von Berufswegen aus öfters auf Dienstreise ist, sah sich E. Ioannidis um eine
Mitbewohnerin um, die ihr bei den alltäglichen Dingen des Lebens behilflich ist, da sie diese
aus eigener Kraft nicht mehr schafft.

Behindertenhelferin wird als Untermieterin gewertet

E. Ioannidis fand diese, in der Person der Bianka G., die mit ihrer kleinen Tochter seit dem
01.Oktober 2009 im gemeinsamen Haushalt, zwecks Unterstützung, bei ihr wohnt. Als sie
am 15.Jänner 2010 von Wiener Wohnen einen Brief bekam, fiel sie aus allen Wolken.
In diesen Brief wurde sie aufgefordert, ihre Wohnung mit Stichtag 28.02.2010, wegen
angeblicher Untervermietung zu kündigen. Sofort nach Erhalt dieses Schreibens setzte
sie sich mit Wiener Wohnen in Verbindung, um dieses offensichtliche Missverständnis
aufzuklären.

Wiener Wohnen übt sich als Detektei

Dort wurde ihr mitgeteilt, dass man durch ausgiebige Recherchen zu Annahme gekommen
sei, dass sie die Gemeindewohnung untervermietet habe. Auf die Frage welche Recherchen
diese Annahme bestätigen kam heraus, dass es sich um die Anwesenheit der Mitbewohnerin
handle.
E. Ioannidis wies die Sachbearbeiterin Sch. auf ihre Sachlage hin und bot an, eine Liste von
Hausparteien und nächsten Nachbarn zu bringen in  der bestätigt wird, dass sie selbst in
dieser Wohnung lebt.

Sachbearbeiterin fühlt sich als Richterin

Auf diesen Deal ließ sich Frau Sch. von Wiener Wohnen ein und versicherte ihr, dass mit
so einer Bestätigung die Sache vom Tisch sei. Am 20.Februar 2010 schickte  E. Ioannidis
besagte Bestätigungsliste mit zahlreichen Unterschriften, sowie einer schriftlichen Bestätig-
ung der Hausbesorgerin und einem Begleitschreiben, eingeschrieben an Wiener Wohnen.
Nachdem sich aber in der Angelegenheit nichts rührte, rief E. Ioannidis bei Wiener Wohnen,
Frau Sch. an und wollte sich um den Stand der Dinge erkundigen. Diese erklärte ihr aber
lediglich lakonisch, sie müsse erst die Glaubwürdigkeit der unterzeichneten Personen
prüfen und man werde sich dann schriftlich melden.
Da fragen wir uns aber schon, was sich eine Sachbearbeiterin bei Wiener Wohnen anmaßt.
Wer ist diese Frau überhaupt um zu glauben, sie sei dazu berechtigt die Glaubwürdigkeit
von 13 Mietern und der Hausbesorgerin überprüfen zu können.
Gestern erhielt Frau Eveline Ioannidis jedenfalls ein E-Mail von der Direktorin von Wiener
Wohnen. In diesem wurden die Telefonate mit Frau Sch. bestätigt. In weitere Folge wurde
der behinderten Mieterin mitgeteilt, dass man die Kündigungsangelegenheit an das Bezirks-
gericht Fünfhaus weiterleite.

Mögliches Motiv?

Wie bereits Eingangs erwähnt, hat Frau Eveline Ioannidis  diese Wohnung 1986 als
Kategorie C angemietet und in Eigenregie auf  Kategorie A umgebaut. Sie bezahlt heute
für diese 72qm-Wohnung einen monatlichen Mietzins inklusive Betriebskosten von 314,-
Euro.
Eine derartige Wohnung kann mit einem neuen Mietvertrag heute locker um 600,- Euro
vermietet werden. Einem jeden privaten Zinshausbesitzer würde sofort unterstellt werden,
diese ganze Show nur aus einem Grund abgezogen zu haben. Nämlich um den Altmieter
mit dem günstigen Zins loszuwerden, um die Wohnung neuerlich teurer vermieten zu
können.
Ganz abgesehen von der sozialen Kälte die vom Gemeindebetrieb Wiener Wohnen gegen-
über einer Behinderten an den Tag gelegt wird, ist es schon sehr erstaunlich wenn ein
Mieter eine Aufforderung zur Selbstkündigung, unter Androhung von gerichtlichen Schrit-
ten erhält.

Flucht nach vorne

Warum hat Wiener Wohnen nicht gleich eine gerichtliche Aufkündigung veranlasst. Bestan-
den vielleicht Bedenken, dass das Ganze nicht so funktioniert, wie es sich gewisse Herr-
schaften vorgestellt haben.
Offensichtlich hat man sich aber bei Wiener Wohnen zu weit aus dem Fenster gelehnt
und versucht jetzt sein Heil unter dem Motto „Angriff ist die beste Verteidigung“.
Man kann nur hoffen, dass der/die Richter(in) dem größten Hausherrn von Wien klar
macht, dass das MRG auch für Gemeindewohnungen gilt.
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2010-03-02