Es war im Jahre 2020
Ich wurde wach vom Ruf des Muezzins, der über Lautsprecher von der benachbarten Moschee
in mein Ohr drang. Ich hatte mich längst daran gewöhnt. Früher war sie mal eine Kirche gewe-
sen, aber sie war schon vor vielen Jahren zur Moschee umfunktioniert worden, nachdem es der
islamischen Gemeinde in unserem Viertel in ihrer alten Moschee zu eng wurde.
Die wenigen verbliebenen Christen hatten keinen Einspruch gewagt. Unser türkischer Bürger-
meister, Herr Mehmezal meinte, es sei längst an der Zeit, der einzig wahren Religion mehr
Platz zu schaffen.
Die wenigen Österreicher die noch in unserer Gegend wohnen, schicken ihre Kinder alle in
die Koranschule, damit sie es leichter haben sich zu integrieren. In den Schulen wird in tür-
sprachen.
Alex, unser 10-jähriger, spricht zu Hause meist gebrochen Deutsch, fällt aber immer wieder
ins türkische, da wir das nicht können, schämen wir uns. Alex ist das einzige Kind mit öster-
Ich will die Nachrichten im Radio einschalten, finde aber erst nach langem Suchen einen
deutschsprachigen Sender. Seit die Frequenzen nach dem Bevölkerungsanteil vergeben
Der Sprecher sagt, dass auf Druck der fundamentalistischen Partei des einzig richtigen
Weges im Nationalrat ein Kopftuchzwang für alle Frauen eingeführt wird. Meine Frau trägt
auch eins, um weniger aufzufallen. Sie wird jetzt nicht mehr sofort als Österreicherin er-
Ausserdem soll auf einstimmigen Beschluss ein Tag der Österreichischen Schande einge-
führt werden, der an die Intoleranz der Österreicher erinnern soll, insbesondere an die Aus-länderfeindlichkeit. Ich sehe aus dem Fenster auf die Strasse. Die Barrikaden sind noch
nicht weggeräumt und rauchen noch, aber die Kehrrichtabfuhr ist schon am Aufräumen.
Gestern hatten sich serbische und kroatische Jugendliche in unserer Strasse eine Schlacht
geliefert oder waren es türkische und kurdische? Unsere Scheiben sind diesmal heil geblie-
ben.
Meine Frau hat wieder Arbeit gefunden, in einem türkischen Restaurant, als Aushilfe. Da
Ausländer bei der Arbeitsvergabe vorrangig behandelt werden, ist das ein grosses Glück.
Mein Vermieter, Herr Ali Yueksel, erwähnte gestern beiläufig, dass er die Wohnung einem
seiner Brüder und dessen Familie versprochen habe und wir sollten uns schon mal nach etwas anderem umsehen. Auf meinen schüchternen Einspruch hin meinte er nur, er habe gute Beziehungen zu den örtlichen Behörden.Nun müssen wir also raus, aber besonders schwer fällt uns der Abschied aus unserer Ge-
meinde nicht. Wahrscheinlich werden wir, wie viele unserer alten Bekannten und Nachbarn, in die anatolische Steppe auswandern.Die türkische Regierung hat dort allen deutschsprachigen grosszügigerweise ein Stück Land
angebote. Es ist eine Art Reservat für uns, wir wären dort unter uns und könnten unsere Sprache und Kultur pflegen. Diese Idee beschäftigt uns schon lange!Ausländerfeindlichkeit oder Existenzangst?
Den obigen Text haben wir von Herrn Josef A. (Name von der Redaktion geändert), mit der
Bitte um Veröffentlichung erhalten. Das Erstaunliche daran ist, dass Herr A. ein politischer
Funktionär der Wiener SPÖ-Basis ist.
Dieser teilt uns auch mit, dass es in der Basis kräftig rumort. Dort ist man mit den Plänen des
Wiener Bürgermeisters keineswegs einverstanden. Der Ausspruch Islamistenpartei ist längst keine Umgangssprache der FPÖ mehr, sondern hat bereits in die Sprachkultur der SPÖ-Kreise Einzug gehalten. Aus Angst vor Sanktionen hält man aber lieber den Mund und wird den Wahl- tag zum Zahltag machen.Wir glauben zwar, dass die SPÖ bei den Wiener Gemeinderats- und Landtagswahlen wieder die
stimmenstärkste Partei werden wird, aber die absolute Mehrheit mit grosser Sicherheit verfehlt. Der nächste Bürgermeister wird auch nicht mehr Michael Häupl heissen.Wir tippen hier eher auf die Herren Andreas Schieder oder Michael Ludwig, die beide von ihren
Posten „weggelobt“ werden sollen. Vielleicht schafft es einer der beiden SPÖ-Politiker sich auf
die Wurzeln ihrer Partei zu erinnern und einen dementsprechenden Kurs zu fahren.
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2010-09-01