Neues Medikament auf dem Markt
Patienten mit Vorhofflimmern haben ein hohes Schlaganfallrisiko. Denn im flimmernden Vorhof ist die Blutströmung stark herabgesetzt, sodass sich Blutgerinnsel bilden, die vom Blutstrom mitgerissen Gefäße verschließen können. Verschließt ein solches Blutgerinnsel ein Gefäß im Gehirn, kommt es zum Schlaganfall. Deswegen müssen Patienten mit Vorhofflimmern sich gegen einen Schlaganfall durch Medika- mente, die die Gerinnung hemmen, schützen. Das Standardmedikament in Deutschland ist Marcumar/Falithrom. Da die Gerinnung bei Marcumar/Falithrom überwacht werden muss und es zahlreiche Wechselwirkungen mit Medikamenten und der Ernährung gibt, hofften die Patienten seit langem auf ein neues Medikament. Lange erwartet ist am 1. September 2011 der Gerinnungshemmer Pradaxa (Wirkstoff: Dabi- gatran) für Patienten mit Vorhofflimmern ohne Herzklappenerkrankung auf den Markt gekommen. Prof. Christoph Bode und Prof. Martin Moser haben darüber ausführlich in HERZ HEUTE (Ausgabe 3/2011) informiert: Aus der großen Studie RE-LY, in die 18.113 Patienten eingeschlossen waren, ergab sich, dass Pradaxa in der höheren Dosierung (2 x täglich 150 mg) besser vor dem Schlaganfall schützt als Marcumar und dabei die gleichen Blutungsrisiken aufweist. In der niedrigeren Dosierung (110 mg 2 x täglich) schützt Pradaxagenau so gut wie Marcumar vor dem Schlaganfall, aber mit geringeren Blutung- srisiken. (Quelle: http://www.herzstiftung.de)Chaos oder Unwissen bei der NÖGKK?
Soviel zu einem neuartigen Medikament, dass gegenüber dem bislang auf dem Markt er- hältlichen Präparat Marcumar weit weniger unerwünschte Nebenwirkungen hat. Zahlreiche namhafte Internisten nahmen den Fortschritt in der Medizin wahr und verschreiben ihren Patienten nur mehr Pradaxa. So auch in unserem Fall, in dem einen Patienten mit Vorhofflimmern, von einem inter- national hoch angesehenen und für innere Medizin spezialisierten Arzt, das Medikament Pradaxa verschrieben wurde. Der Mann, nennen wir ihn XY (Name der Redaktion bekannt) löste wiederholt sein Rezept bei der Apotheke ein. Zu seinem Erstaunen wurde dieses von der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK) abgelehnt.XY rief daraufhin bei der NÖGKK an und wollte sich bezüglich der Ablehnung erkundigen. Dort erklärte ihm die zuständige Krankenkassen-Ärztin Dr. Michaela S., dass keine ausreichende Gründe für die Genehmigung dieses Medikaments vorlägen. Da staunte XY nicht schlecht, hatte er doch bereits viermal Rezepte eingelöst und wurden diese auch bewilligt. Was sollte sich nun plötzlich geändert haben?
Auf diesen Umstand angesprochen meinte Frau Dr. S., ihr sei nichts davon bekannt und in der EDV ist ebenfalls nichts ersichtlich. Da staunte aber nicht nur XY sondern auch wir. Denn wie Sie dem obigen Bild entnehmen können, entspricht es der Tatsache, dass das Medikament Pradaxa bereits viermal aus der gleichen Apotheke gegen Entrichtung der Rezeptgebühr bezogen wurde. Die verschiedenen RP-Nummer und die bis auf drei Zahlen geschwärzte gleiche Versicherungsnummer bestätigen dies. Da fragen wir uns, welche chaotischen Zustände bei der NÖGKK herrschen müssen, um nicht einmal ersehen zu können, dass das Medikament bereits viermal – und das mit Zustimmung der Krankenkasse – vom Versicherten bezogen wurde. Könnte es sein, dass chefärztliche Bewilligungen bei der dieser Krankenversicherungsanstalt nach Tageslaune erteilt werden? Und das bringt uns gleich zum nächsten Punkt. Sowohl die ablehnende Ärztin (Stempel im 1. Bild im Beitrag) als auch Frau Dr. Michaela S. sind Allgemeinmedizinerinnen und keine Internistinnen. Unseren Recherchen nach sind die beiden ausschließlich im Dienst bei der NÖGKK in St. Pölten und betreiben auch keine eigenen Ordinationen. Nun fragen wir uns, mit welcher Qualifikation die beiden Damen medizinische Indikationen von Spezialisten in Frage stellen und verschriebene Medikamente ablehnen? Wir haben die Antwort selbst gefunden, denn diese liegt offenbar in den Kosten. Während das nicht mehr zeitgemäße, mit extrem unerwünschten Nebenwirkungen behaftete Medikament Marcumar rund 10,- € (100 Pillen-Packung) kostet, schlägt sich Pradaxa mit Euro 54,50 für eine 30 Pillen-Packung zu Buche. Wir finden es erstaunlich, dass sich Österreich zwar 22 verschiedene gesetzliche Kranken- versicherungssysteme – samt den dazu gehörenden aufgeblähten Verwaltungsapparaten – leistet, aber auf Kosten der Gesundheit von Patienten Einsparungen vornimmt. Und traurig bei dieser Angelegenheit finden wir, dass es Ärzt(innen) gibt, die bei diesem unwürdigen Schauspiel mitspielen. ***** 2013-01-02