Sozialmissbrauch

 

Ein nicht erstaunlicher Brief

Kürzlich haben wir einen Brief von Frau L. erhalten, in dem sie uns sinngemäß  folgendes
mitteilt.
Sie betreibt seit zehn Jahren ein kleines Cafehaus in Wien Landstrasse. Mit einer Kellnerin
hat sie bis vor drei Monaten die Schicht von 14 Stunden Öffnungszeit geteilt.
Jede absolvierte ihre 7 Stunden täglich von Montag bis Freitag. Samstag, Sonntag und
Feiertage hält Frau L. ihr Lokal geschlossen.
Ihre Kellnerin die einige Jahre bei ihr gearbeitet hatte, beendete aus privaten Gründen ihr
Dienstverhältnis mit Ende Dezember 2008.

Kellnerin gesucht

Seitdem sucht Frau L. eine Kellnerin. Besondere Ansprüche stellt sie keine, sondern die
Eigenschaften pünktlich, verlässlich und adrett würden ihr schon genügen.
Auch die Entlohnung die angeboten wird, ist nicht uninteressant.
Das Cafehaus geht trotz Wirtschaftskrise nicht so schlecht und lebt hauptsächlich von
Stammgästen. Auch das anfallende Trinkgeld ist nicht zu verachten.

Kostenfaktor Zeitungsinserate

Drei Monate später und einige hundert Euro, für Anzeigenschaltungen in Tageszeitungen
ärmer, steht sie noch immer allein in ihrem Cafehaus und überlegt bereits ob sie es
schließen soll. Ein 14-Stunden Tag, nebenbei Wareneinkauf und am Wochenende die
administrativen  Tätigkeiten, sind ihr einfach zu viel.
Wir wollten uns davon überzeugen, ob Frau L. vielleicht bei den Aufnahmegesprächen
„ungeschickt“ ist und stellten ihr einen geeigneten Mitarbeiter als „Personalmanager“
eine Woche lang zur Seite.

Schwarzarbeit und Arbeitslosengeld

Das Ergebnis war ernüchternd. Es wurden täglich telefonische Terminvereinbarungen
mit Bewerbern getroffen. Von diesen Terminen wurden maximal 20 Prozent eingehalten.
Die restlichen 80 Prozent erschienen überhaupt nicht, obwohl sie einen fix vereinbarten
Termin hatten.
Von den Bewerbern die erschienen, wollten 50 Prozent überhaupt nicht, bzw. nur gering-
fügig angemeldet werden, um die Arbeitslosenunterstützung weiter kassieren zu können.
   
Weitere 25 Prozent kamen auf Grund ihres Erscheinungsbildes nicht in Frage. Entweder
kamen sie stark alkoholisiert oder in einer Aufmachung zum Vorstellungsgespräch, die
nicht einmal für eine WC-Wartung geeignet war, geschweige den für ein Cafehaus.
Beim letzten Viertel der vorwiegend älteren Bewerber, konnten wir einen eindeutigen
Trend erkennen. Diese wollten mit wesentlich mehr angemeldet sein, als sie tatsächlich
Lohn erhalten würden.

Vorplanung für den Sozialmissbrauch

Auf die Frage warum man dieses Ansinnen hat, wurde sinngemäß immer die selbe
Antwort gegeben. „Man wisse ja nicht wie lange man den Job, auf Grund des Alters oder
des gesundheitlichen Zustandes ausüben könne und würde dann eine dementsprechend
hohe Arbeitslosenunterstützung bekommen“.
So schaut es aus im Sozialstaat Österreich. Im gastgewerblichen Bereich wird ganz offen-
sichtlich „Sozialmissbrauch“ vom Feinsten betrieben.

Die Statistik spricht Bände

Wir haben uns die Statistik des „AMS“ angesehen. Im Februar 2009 waren in diesem
Arbeitssektor  25.212 Personen arbeitslos gemeldet und kassierten ganz ungeniert ihre
Arbeitslosenunterstützung.
Dem gegenüber standen im selben Zeitraum 4.038 offene Stellen. 
Bei einem derartig krassen Zahlenverhältnis stellt sich die berechtigte Frage, warum es
auch nur ein einziges offenes  Stellenangebot gibt.
Und bevor wieder ein Kommentar einlangt, dass alle Arbeitlosen in Vorarlberg leben und
die freien Stellen in Wien angeboten werden, nehmen wir gleich eines vorweg.
Es werden vom AMS diesbezüglich zwar keine statistischen Aufzeichnungen geführt,
jedoch der Löwenanteil beider Seiten befinden sich laut eines Mitarbeiters des AMS in
den Ballungszentren und in der Bundeshauptstadt Wien.

Furchtsame Politiker

Erstaunlich ist, dass die zuständigen Politiker einem derartigem Treiben schon so lange
mehr oder weniger tatenlos zusehen.
   
Wem die Wirtschaftskrise nicht so arg erwischt hat, so das er gezwungen war Personal
abzubauen, leidet unter akuter Personalnot, während andererseits ganz großzügig
Arbeitslosenunterstützung verteilt wird.
Mut scheint keine Tugend von Politikern zu sein. Aus Angst vor Stimmenverlusten bei
diverse Wahlen, traut sich offensichtlich niemand diesem Spuk ein Ende zu bereiten.
Stauni
2009-03-27
 
(Bitte beachten Sie den Einsendeschluss (31.03.2009)  unseres prämierten Ideenwett-
bewerbes im Beitrag  „Die Rathausfrau“  vom 21.03.2009)
      

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