Hybrider Rückschein – Ein Fehlschlag


LESERBRIEF

Das Justizministerium und die Österreichische Post AG hatten großartig ein neues Zustell-
system für behördliche Zustellungen verkündet, den Hybriden Rückschein.
Alles sei übersichtlicher, Zustellungen leichter nachzuvollziehen, wären kostengünstiger,
alle  würden  davon profitieren.  Zuzustellende Schriftstücke würden zentral ausgedruckt,
alles elektronisch erfasst, Zustellnachweise eingescannt.  Der Verlauf von RSa- und Rsb-
Zustellungen  wäre  sofort  abrufbar.   Der zuständige Beamte im Ministerium freute sich,
es  könnten  mit  einer  Sendung  bis  zu  hundert  Schriftstücke  gleichzeitig  verschickt
werden.
Das ganze scheiterte, völlig und total: Erstens am Unverständnis des Ministeriums, über
die  Notwendigkeiten  und  Auswirkungen  des  Zustellverfahrens.   Zweitens  am Unver-
mögen  der  Österreichischen Post,  ihren Mitarbeitern einfachste sprachliche und recht-
liche Begriffe zu vermitteln.
Die Gründe für das Scheitern:
Davor war es einfach.   Empfänger erhielten  weiße Kuverts für Rsb- Sendungen, blaue
Kuverts für RSa-Sendungen. Auf den Kuverts stand der Absender, stand die Aktenzahl,
stand das Datum der Hinterlegung.   Gerichte erhielten Rückscheine (daher der Name)
mit den gleichen Daten.  RS-Zustellungen sind zumeist mit einer Frist verbunden. Gab
es  Probleme  mit  einem  Zustellungsdatum,  also dem Fristbeginn,  war das oft durch
das Kuvert belegbar.
Beim hybriden System erhält der Empfänger – ein blankes blaues Fensterkuvert, ohne
Absender,  ohne  Aktenzahl.   Ein Nachweis  der  Zustellung  ist dem Empfänger damit
nicht  mehr  möglich;  eine  krasse Benachteiligung  von  Parteien  in einem Verfahren.
Das innen liegende Deckblatt kommt in vielen Fällen mit dem Absender  „Zentrale Zu-
stellung Justiz“ und ohne Zahl, also Schmecks! Euphorisch kam aus dem Ministerium:
Aber aus dem Barcode könne man ablesen!   Was nur beweist,  dass das Ministerium
tatsächlich  keine  Ahnung  von  Notwendigkeiten  und  Auswirkungen  des Zustellver-
fahrens  hat.   Empfängern  wurde  damit  alle  Möglichkeit  genommen,  festzustellen
(und in Streitfällen zu beweisen), ob und wann etwas zugestellt worden wäre.
Die Österreichische Post setzt noch den Deckel auf dieses unbrauchbare System. Wo
und  wann  können  Sie  Ihr Dokument abholen?   Es steht  klein,  aber deutlich links
auf  den  großen  gelben Zetteln.  Hier wird von der Post aber generell das Datum der
Hinterlegung  eingetragen.   Abgeholt  kann  aber erst am nächsten Tag werden. Wie
soll das ein Empfänger dem Absender beibringen?
Doch  die  Post kann es noch besser.   Hybride Zustellungen sollen nachvollziehbar
sein?   Aber  nicht  doch!   In vorgedruckten  Briefen teilt der  Postkundendienst mit
(zuletzt am 28.5.2013):
„Behördliche  Sendungen  –  RSa- und RSb-Briefe  –  sind  gewöhnliche  Briefsend-
ungen,  deren  Verlauf  aus  technischen Gründen nicht nachvollziehbar ist.  Daher
können  wir  keine  Feststellungen  darüber  treffen,  ob  diese  der  Österreichische
Post AG  zur  Beförderung  übergeben  wurden bzw.  ob Beeinträchtigungen in der
Beförderung  eingetreten  sind.“  Heißt  im  Klartext:  der  Empfänger  ist  erst  recht
aufgeschmissen, und auch die Absender können sich brausen.
Zwei typische Fälle werden deshalb jetzt dem Ministerium an den Kopf
geworfen werden.
Der  erste:   Ein  Schippel  RSa-Briefe  wurde  ohne  Zustellung  abgegeben.  Der
Empfänger  kann  nicht  feststellen,  wann;  den  Absendern  wurde  von der Post
gemeldet,  ein Bevollmächtigter habe unterschrieben.  Genau das geht aber bei
RSa-Zustellungen nicht, die sind persönlich zuzustellen.
Der zweite: Ein paar gelbe Verständigungen liegen da, Absender „Zentrale Zustell-
ung  Justiz“,  keine  Aktenzahl.  Aber  hinterlegt  worden  ist  nichts.   Wen  soll der
Empfänger jetzt fragen?
Dem  Justizministerium  wäre  dringend zu empfehlen,  dieses selbst verschuldete
Zustell-Chaos so rasch als möglich zu beenden.
Mit freundlichen Grüßen
ein begeisterter Erstaunlich-Leser
2013-06-23