Freifahrtschein bei Korruption


ÖVP-Justizministerin eröffnet Hintertür für Verdächtige

Es kann wohl nur ein schlechter Scherz sein, die Möglichkeit der Diversion auf Korruptionsfälle
auszuweiten.   Die  Diversion  ist  nämlich nur bei  einem völlig geklärten  Sachverhalt und bei
leichten Straftaten vorgesehen.  Beides trifft auf Korruption praktisch nie zu und wäre als Frei-
fahrtschein bei Korruptionsfällen zu werten.
In Wahrheit geht es wohl eher darum, die völlige Aufklärung der aktuellen und auch zukünft-
iger  Fälle  zu  verhindern  und  den  Beschuldigten die Möglichkeit zu geben,  sich durch ein
nebulöses  Geständnis verbunden mit einer Zahlung an den Staatshaushalt vor weiterer Ver-
folgung zu schützen.
Die  Möglichkeit der Diversion bei  Korruptionsfällen käme einer  Kapitulation des Rechtsstaates
gleich und ist daher abzulehnen.  Die Justizministerin ist daher gefordert, den Gesetzesentwurf
umgehend zu ändern. Es ist völlig unverständlich, dass all jenen, die derzeit im Mittelpunkt von
gerichtlichen  und parlamentarischen Untersuchungen stehen,  eine Hintertür aufgemacht wer-
den soll.

SPÖ schweigt zustimmend

Die  Initiative der Justizministerin ist daher ein erschütterndes Zeugnis dafür,  wie wenig ernst
in  ÖVP-Kreisen die  effektive Bekämpfung der Korruption genommen wird.   Allerdings scheint
Beatrix Karl  das schwächste  Glied in der Kette  zu sein und wir  glauben auch nicht,  dass die
Idee zu diesem Gesetzesentwurf auf ihrem Mist gewachsen ist.
Wir sind der Meinung, dass sie diesen offenbar auf Anraten diverser Parteikolleg(innen) injiziert
hat. Dies schließen wir daraus, weil es gerade Namen aus der ÖVP sind, die die Hitliste der Kor-
ruptionsfälle anführen.
Bezeichnend ist es auch,  dass aus SPÖ-Kreisen keinerlei Einwand gegen den Gesetzesentwurf
der Justizministerin erhoben wird.   Nun gut,  wer im Glashaus sitzt sollte auch nicht unbedingt
mit Steinen werfen.

Bauen die Grünen vor?

Erstaunlich allerdings ist ein Statement aus der selbsternannten Sauberkeitspartei.  Der grüne
Justizsprecher  Albert Steinhauser  meint nämlich,  er  könne  sich  als Kompromiss vorstellen,
dass künftig alle Delikte mit einer Strafdrohung von bis zu fünf Jahren diversionsfähig werden.
„Damit  würden  kleinere  Fälle  von  Amtsmissbrauch,  wie unerlaubte Computerabfragen für
private Zwecke mit umfasst sein“, so Steinhauser.
Da  staunen wir aber,  dass der Grüne Justizsprecher eine Straftat,  die mit bis zu fünf Jahren
Haft bedroht ist, als kleineren Fall von Amtsmissbrauch wertet.   Hier werden doch die Grünen
nicht  präventiv  für  die  Zukunft  vorbauen  wollen,  nachdem  im Telekom-U-Ausschuss auch
Namen von grünen Politiker(innen) bzw. Mitarbeiter(innen) gefallen sind?
Wir sind der Meinung, dass im Falle der Korruption und/oder des Amtsmissbrauchs keine Mög-
lichkeit  der  Diversion  gegeben  sein  darf.   Denn eine solche ermuntert lediglich dazu, diese
Delikte  auf  die  leichte  Schulter  zu nehmen und hat möglicherweise sogar eine animierende
Wirkung.
Ein  potentieller  Missetäter  hätte nämlich keine  strafrechtlichen Folgen aus seinem kriminellen
Verhalten  zu  erwarten,  nachdem er eine bestimmte  Summe an den Staat bezahlt.  Er würde
sich damit von einer Strafverfolgung und einer eventuellen Verurteilung freikaufen.  Bestochene
müssten  allerdings  darauf achten,  dass im Schmiergeld auch der Betrag für die Diversion ent-
halten ist.
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2012-02-28