GASTAUTOREN – BEITRAG
Wenn die Journaille ihrem liebstem Geschäft frönt, heißt es auf der Hut zu sein. Da wird
gelogen, manipuliert, getürkt und gehetzt. Spätestens seit den EU-Sanktionen gegen
Österreich und dem so genannten „Kampf gegen Rechts“ sollte man darüber Bescheid
wissen.
Neuerdings können auch die Ungarn über diesbezügliche Medienberichterstattung ein
„garstig Lied“ singen. Nun ist es nicht meine Aufgabe, die ungarische Regierung zu
verteidigen, aber was mir an Informationen zugänglich ist, rechtfertigt zumindest eine
andere Wahrnehmung der Ereignisse in Ungarn.
Was sehen wir also am ungarischen Schauplatz? Zunächst einmal Hass- und Hetzorgien
von gewissen Medien für die Sache der innenpolitischen Konkurrenten der derzeitigen
Regierung, Postkommunisten, Sozialisten und Liberale, also Linke, wie sie sich nennen,
und des internationalen Kapitals.
Die abgewählten Linken, die das Land in einem erbärmlichen Zustand hinterlassen haben,
mobilisieren ihre Gesinnungsfreunde in der EU und in den Medien, um Orban und Co, böse
Rechte diese, das politische Überleben zu erschweren. Sie wollen Revanche und zurück an
die Futtertröge.
So weit, so verständlich. Auf der anderen Seite der Grenze haben es Orban und Co. mit
noch unbequemeren Gegnern zu tun: mit Brüssel und dem Internationalen Währungs-
fonds (IWF), nicht zuletzt mit den Konzernen, die sich nationale Eigengänge verbieten.
Den Mächtigen ist wohl sehr daran gelegen, Staaten nicht zu weit von der Leine zu lassen,
auch, um nicht anderen Appetit auf mehr Selbständigkeit zu machen. Denn mit der Kon-
trolle der Nationalbank und der Rückverstaatlichung von Unternehmen verstößt Orban
gegen Interessen des grenzenlosen freien Marktes. Und damit anscheinend auch gegen
Linke, was sehr verwundert.
Irritiert sind natürlich auch die Banken, die beim EU-Beitritt des Landes nicht nur diesem
selbst, sondern auch den Durchschnittsungarn großzügig Kredite geradezu aufdrängten,
um deren Rückzahlung sie nun bangen müssen. Doch es geht den Banken immer noch
besser als den vielen Ungarn, die wegen der inzwischen enorm hohen Rückzahlungsraten
in die Depression oder auch schon in den Tod getrieben wurden.
Besonders betroffen auch viele Bauern, denen mit einem Raiffeisenbank-Kredit größere
Abnehmermärkte vorgegaukelt wurden. Als Abertausende mit ihren Traktoren demonstrier-
ten, weil plötzlich billige Produkte aus dem Ausland den ungarischen Markt überschwemmten
und heimische schwer abzusetzen waren, war dies der Journaille, da wie dort, keine Erwähn-
ung wert.
Ohne Zweifel hat es sich Orban durch das neue Mediengesetz mit vielen Redaktionen ver-
scherzt, denn dort sitzen ja vielfach jene Pharisäer, die zu Zeiten der sozialistischen Regier-
ung die von dieser zu verantwortende brutale und nicht selten blutige Niederschlagung
von Demonstrationen einfach ignorierten oder schönschrieben. Hunderttausende wurden
damals einfach pauschal zu Randalierern herabgestuft.
Das Mediengesetz scheint mir daher als ein Abwehrinstrument gegen wahrheitswidrige
Berichterstattung zu sein. Die außerhalb Ungarns allerdings nach wie vor stattfindet. Da
liest man in einer großen deutschen Wochenzeitung, das „Klub-Radio“ sei verboten worden.
In Wirklichkeit hat es nur die ausgeschriebene Frequenz nicht bekommen. Die französische
Zeitung „Liberation“ wiederum ist empört, denn: „In Budapest gehen heldenhafte Dissi-
denten auf die Straße und schlagen Alarm“.
Heldenhaft? Lächerlich, unter Orbans Regierung braucht kein friedlicher Demonstrant Mut
zu beweisen, eher Chuzpe. Niemand wird, wie unter dem Sozialisten Gyurcsany, der die
Lüge zur Staatsräson erhob, blutig geschlagen oder grundlos inhaftiert.
Was sich wirklich gar so „heldenhaft“ abspielt, schildert eine tapfere ungarische Journalistin
so: Grüne Abgeordnete ketten sich an die Zufahrtschranken zum Parlament, worauf, wie in
jedem Land es üblich ist, die Polizei einschreitet. Da ergreift der Sozialistenchef Mesterházy
die Gelegenheit, gesellt sich zu den Demonstranten und steigt anschließend, ohne genötigt
zu werden, freiwillig in den Polizeiwagen, um von dort aus den Journalisten zuzuwinken.
Eine tolle PR-Aktion, wie ich meine. Da konnte es sich sogar die ARD-Tagesschau nicht
verkneifen, um von der Verhaftung Oppositioneller zu s chwadronieren. Alles in allem
scheinen mir die Vorgänge in und um Ungarn eine politisch-ökonomisch konzertierte Aktion
internationalistisch orientierter Kreise zu sein, die ihr „Spielzeug“ Ungarn nicht aus der Hand
geben möchten.
Dazu ist ihnen jedes Mittel recht, und es kann überdies jedem anderen Land passieren, das
nicht über Stärke und Ressourcen eines großen verfügt. Ist es nicht willig, wird es letzten
Endes erpresst und auf „Ramschniveau“ herabgestuft.
Orban mag neben vorbildlichen Leistungen (z. B. in Fragen von Kultur und Identität oder
der nationalen Souveränität) auch Fehler begangen und vielleicht ungeschickt agiert haben,
aber Hoch- und Landesverrat, wie er heute in Regierungskanzleien und Parlamenten der EU
üblich zu sein scheint, kann ihm bisher wohl nicht nachgesagt werden.
Helmut Müller
2012-01-12