Freispruch für Adamovich


Anschlag auf das Recht der freien Meinungsäußerung

Am  24. Dezember 2009,  wurde  der  ehemalige  Präsident des  Verfassungsgerichtshofes
und  Leiter der  Evaluierungskommission  Ludwig Adamovich,  wegen übler  Nachrede ver-
urteilt. Was hatte der pensionierte Spitzenjurist angestellt,  um sich ein derartiges Urteil der
erstinstanzlichen Richterin Birgit Schneider einzuhandeln?

Adamovich  hatte sich erlaubt,  seine subjektive  Privatmeinung  zum  Endlos-Kriminalfall
„Kampusch“  kundzutun.  In Interviews meinte  er zum  Mutter-Tochterverhältnis  (Sirny –
Kampusch), dass es Natascha in ihrer Gefangenschaft „allemal besser gehabt hätte“, als
das was sie davor daheim erlebt habe.

Brigitte Sirny  klagte  daraufhin den  ehemaligen  Verfassungsgerichtshof-Präsident  Ludwig
Adamovich  wegen übler  Nachrede.  Die  Richterin  Birgit Schneider befand,  dass der ehe-

malige Höchstrichter ein gegen die  guten Sitten verstoßendes Verhalten an den Tag gelegt
hatte. Dieses sei geeignet gewesen, die Klägerin in der Öffentlichkeit verächtlich zu machen.

In unserem damaligen, zu diesem Urteil verfassten Beitrag „Weihnachtsüberraschung“ hiel-
ten wir  bereits fest,  dass dieses  Urteil in der  Berufungsinstanz  nicht  halten  werde,  denn
dieses sei ein Anschlag auf das Recht der freien  Meinungsäußerung.  (Folgebeiträge 1./2.)

Freispruch für Ludwig Adamovich

Und unser Spürsinn für normales  Rechtsempfinden sollte uns wieder einmal Recht geben.
Das Wiener Oberlandesgericht (OLG) sprach in zweiter Instanz, den ehemaligen Präsiden-
ten des Verfassungsgerichtshofes, frei.

Der OLG konnte dem erstinstanzlichen  Urteil nicht folgen,  da es sich bei der Äußerung von

Adamovich um eine vorsichtige Formulierung handelte und er erkennbar zum Ausdruck ge-
bracht habe,  dass dies seine subjektive  Meinung sei.  Seine Aussage sei vom Grundrecht
auf Meinungsfreiheit gedeckt und der Tatbestand der „Üblen Nachrede“ ist damit nicht ge-
geben.

Zwar  lasse  Adamovichs Aussage mehrere  Interpretationsmöglichkeiten zu,  aber bei der
rechtlichen Beurteilung sei die für den Angeklagten Günstigste heranzuziehen. Und diese
sei nicht geeignet,  Brigitte Sirny in ein negatives Licht zu rücken,  so begründete der Vor-

sitzende des OLG, den Freispruch von Ludwig Adamaovich.

Brigitte Sirny ist entsetzt

Blankes Entsetzen bei der Mutter von Natascha Kampusch, Brigitte Sirny und deren Rechts-
anwalt.  Diese finden das Urteil des OLG  als absolut nicht  nachvollziehbar und skandalös.
Auch  sei  die  Auslegung  des  OLG  weltfremd  und  widerspreche  den  Grundsätzen  des
Medienrechts.

Wir können die Aufregung von Brigitte Sirny sehr gut nachvollziehen.  Denn mit dem vom

OLG gefällten Freispruch,  ist es nämlich  kaum möglich  zivilrechtliche Ansprüche gegen
Adamovich durchzusetzen.  Auf gut Deutsch heisst das,  dass sich Sirny zum Nulltarif tief
gedemütig und gekränkt gefühlt hat.

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2010-12-22