Wo war die Leistung der ÖVP?
Besser als mit dem Dornröschen Walzer hätte man diese einschläfernde ÖVP-Veranstaltung
nicht einleiten können. Soviel zur schwachen Österreich-Rede des Vizekanzlers. Der Ver-
such der ÖVP-Strategen, den ÖVP-Obmann mit seiner Rede als charismatische und visionäre
Führungspersönlichkeit für Österreich darzustellen zu wollen, ist ein ähnlich hoffnungsloses
Unterfangen wie der Versuch, einen Bock erfolgreich melken zu wollen. Kein Wunder, dass
unterm Strich nicht mehr bleibt, als eine – wenn wohl auch von den Redenschreibern und
dem Vortragenden selbst ungewollte Selbstanklage der ÖVP.
Denn einzig auffällig am rhetorischen Bauchladen Spindeleggers waren seine vielen Kritik-
punkte am aktuellen Kurs der Bundesregierung gewesen. Gleich so, als hätte die ÖVP mit
der dramatischen Situation des Landes nichts zu tun.
Bestes Beispiel für das versuchte Abstreifen jedeweder schwarzen Regierungsverantwortlich-
keit ist, dass Spindelegger in Österreich die zu hohen Steuern, die zu aufgeblähte Bürokratie
und die zu hohen Schulden kritisiert hat. Die Verantwortung dafür von sich zu weisen hat
nichts mit der neuen Sauberkeit, Ehrlichkeit oder gar mit Anstand zu tun. Es hatte eher den
Anschein, als ob Spindelegger die Absicht hegte, die Österreicher für dumm verkaufen zu
wollen.
Wenn so vieles im Argen liegt und so vieles in der Republik geändert werden muss, wie
Spindelegger das in seiner Rede mehrfach völlig zu Recht betont hat, dann stellt sich die
berechtigte Frage, wo denn die Leistungen der ÖVP-Minister der vergangenen Jahrzehnte
waren.
Die Rede war ein Armutszeugnis, das der Vizekanzler seiner eigenen Partei ausgestellt hat.
Wenn der Hemmschuh für positive Entwicklungen im Land aus Sicht der ÖVP der eigene
Koalitionspartner ist, dann stellt sich wiederum die Frage, warum die ÖVP im Allgemeinen
und ihr Parteiobmann im Besonderen sich diesem mit aller Verbissenheit ausliefert.
Die Rede war jedenfalls genauso mitreißend wie der ständig stockende Live-Stream auf der
ÖVP-Homepage. Es ist zu vermuten, dass große Teile dieser schwachen Vorführung bald
bei „Maschek“ und sonstigen Kabarett-Programmen auftauchen wird. Der Versuch der ÖVP-
Strategen, Michael Spindelegger als charismatische Führungsfigur zu inszenieren, ist jeden-
falls gewaltig die Hose gegangen.
***** 2012-05-14