Journalistische Sorgfaltspflicht gefragt
Erstaunlich.at ist ein kleines Online-Medium. Wir bringen auch keine Massennachrichten
sondern nur ausgewählte Beiträge, meist zum Thema „Doppelmoral“. Eines haben wir uns
jedoch angewöhnt: Alle unsere zu bringenden Beiträge bis ins kleinste Detail zu recher-
chieren. Das sind wir unserer Leserschaft schuldig und erspart auch jede Menge Ärger
mit dem Gesetz.
Eine genaue Recherche fällt unter die journalistische Sorgfaltspflicht. Diese sollte man sich
eigentlich auch von den großen Medien erwarten können. Dass dem nicht immer so ist be-
weist ein Beitrag der Tageszeitung KURIER vom 2. Juni 2012.
Nach unseren Beiträgen „Vassilakou voll erwischt“ TEIL1 und TEIL2 hat sich die grüne Vize-
bürgermeisterin offensichtlich bei einem KURIER-Redakteur darüber beklagt, dass sie von
einem ERSTAUNLICH-Reporter „gestalkt“ wurde. Dieser oder diese Redakteur(in) hat dann
offenbar die Worte von Vassilakou 1:1 übernommen. Dabei hat er/sie es verabsäumt, dem
„Beschuldigten“ eine Gelegenheit zur Darstellung aus seiner Sicht zu ermöglichen.
Der Vorwurf des Stalkings, der unkommentiert vom KURIER im Artikel übernommen wurde, stellt immerhin einen Straftatbestand dar. Diesbezüglich wurde der KURIER auch zu einer Richtigstellung aufgefordert. Sollte dieser bis zum 15. Juni 2012 nicht entsprochen werden, haben die Anwälte das Wort.
Was ist eigentlich Stalking?
Der Gesetzgeber spricht dabei von „Beharrlicher Verfolgung“. Im nachfolgenden Screen ist
ersichtlich welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, um diesen strafbaren Tatbestand zu
erfüllen.
Screen: jusline.at
Alle diese Handlungen wurden nicht einmal annähernd gesetzt und daher kann wohl kaum
ernsthaft davon ausgegangen werden, dass die Wiener Vizebürgermeisterin gestalkt wurde.
Auch wurde ihr nicht aufgelauert, wie dies im KURIER-Artikel fälschlicher Weise behauptet
wird.
Die Begegnung fand zufällig statt, da der Herausgeber von www.erstaunlich.at ebenfalls zur
ORF-Sendung Bürgerforum eingeladen war und daher den gleichen Weg aus dem ORF-
Zentrum zurück zu legen hatte wie die Vizebürgermeisterin.
Nicht gerne alleine mit Stöckelschuhen in der Nacht
Inhaltlich überrascht der KURIER-Beitrag nicht, dass Vassilakou „empört“ darüber ist, dass
sie nachdem sie sich im ORF-Bürgerforum vehement für das Fahrrad und die Öffis eingesetzt
hat, erwischt wurde, wie sie weitab von den offiziellen ORF-Parkplätzen – offenbar bemüht
sich den Blicken der Öffentlichkeit zu entziehen – in ihren Dienstwagen gestiegen ist.
Als Person des öffentlichen Interesses, die sie als amtierende Vizebürgermeisterin der Haupt-
stadt wohl ist, mutet es zumindest eigenartig an, dass sie sich von einer Kamera „gestalkt“
fühlt. Dies besonders auch deshalb, weil sie auf frischer Tat ertappt wurde, wie sie „Wasser
predigt und Wein trinkt“.
Es ist daher auch nicht „stupide, mich (Vassilakou) zu filmen und damit zu stalken“, sondern
die Pflicht eines investigativen Journalisten seinen Leser(innen) die wahren Hintergründe dar-
zulegen. Das Video ist übrigens nach wie vor auf www.erstaunlich.at abrufbar. Jedenfalls sieht man bei www.erstaunlich.at etwaigen Klagen und/oder Anzeigen mit Gelas- senheit entgegen. Was die Argumentation der Frau Vassilakou bezüglich der Umweltfreund- lichkeit ihres mit Erdgas betriebenen Dienstwagens betrifft – den sie deshalb benützt weil sie nicht gerne nachts mit Stöckelschuhen allein durch die Straßen geht – erfolgt demnächst ein eigener Beitrag. *****
2012-06-09