Filmproduzent ermordet und zerstückelt
Am 22. Dezember 1993 wurde Helmut Frodl in einem Mordprozess am LG Wien zu lebens-
langer Haft verurteilt. Ihm war vorgeworfen worden, gemeinsam mit einem Komplizen
den Filmproduzenten Fritz Köberl nach Ungarn gelockt und getötet zu haben.
Köberl bekam von Frodl Mehlspeisen und Alkoholika verabreicht, welche mit einem Betäub-
ungsmittel versetzt waren. Anschließend erschoss er den Filmemacher mit einem Genick-
schuss. Danach zersägte er die Leiche in 17 Teile und warf sie in einen Müllcontainer.
Ein Unterstandsloser fand am nächsten Tag die Leichenteile. Während die Polizei ermittelte,
täuschte Frodl vor, dass Köberl noch lebe und versuchte auch an das Geld des Filmprodu-
zenten zu gelangen. Frodl wurde am 15. Juni 1992 verhaftet.
Der Musterhäftling
Vor Gericht widerrief er sein Geständnis und gab an, dass ein russischer Geheimagent den
Filmemacher erschossen habe. Ein neuerliches Geständnis legte er nie ab. In der Haftan-
stalt Garsten studierte er Theologie. Er galt als Musterhäftling und wurde im Vorjahr, nach
17 Jahren Haft vorzeitig entlassen.
Streit um Wahlrecht
Während seiner Haftverbüßung wollte Frodl im Jahre 2002 von seinem Wahlrecht Gebrauch
machen. In diesem Jahr fand eine Nationalratswahl und ein Volksbegehren statt. Da jedoch
dem Gesetz nach jeder Verurteilte der eine vorsätzliche Straftat begangen hat und dafür
mehr als 1 Jahr unbedingte Haft ausfasst von Wahlen ausgeschlossen ist, wurde ihm dies
zu Recht verweigert.
6 Monate nach Entlassung aus der Strafhaft, erhält ein Verurteilter sein Wahlrecht wieder
zurück. Mag sein dass dieser Wahlrechtsentzug bei einem Autodieb übertrieben erscheint,
aber bei einem zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder, sollten schon andere moralische
Maßstäbe angelegt werden. Vor allem wenn eine Tat derart brutal und geplant ausgeführt
wurde und nicht im Affekt oder aus Fahrlässigkeit passierte.
Vom VFGH bis zum EGMR
Auf jeden Fall hat sich Frodl über sein entzogenes Wahlrecht den Kopf zerbrochen. Ob er
auch so intensiv darüber nachgedacht hat wie er die Folgen seiner Tat wieder gutmachen
kann, sofern es bei so einem Verbrechen überhaupt eine Wiedergutmachung gibt.
Frodl rief im Jahr 2003 den Verfassungsgerichtshof um Verfahrenshilfe an. Die obersten
Richter lehnten dieses Ansinnen zu Recht ab und erklärten den Entzug des Wahlrechts als
verfassungskonform.
Aber er lies sich durch diesen Rückschlag nicht erschüttern und wandte sich an den EGMR.
Zeit hatte Frodl als Lebenslanger ja genug, um seine juristischen Spielchen zu spielen. Was
nun erfolgte, hätte kein normal denkender Mensch für möglich gehalten.
Dieses Urteil gleicht einem Schlag ins Gesicht
Der EGMR hat in der Folge am 8. April 2010 festgestellt, dass im Fall Frodl eine Verletzung
des Rechts auf freie Wahlen nach der Europäischen Menschrechtskonvention vorliege. Ob
sich die Richter(innen) dieses Gerichtshofes auch Gedanken über die Menschrechte des
ermordeten Fritz Köberl Gedanken gemacht haben?
Auf jeden Fall nimmt die Republik Österreich diese Entscheidung nicht kommentarlos hin
und wird dagegen ein Rechtsmittel erheben. Experten des Innenministeriums, des Bundes-
kanzleramtes-Verfassungsdienstes und des Bundesministeriums für europäische und internat-
ionale Angelegenheiten erarbeiten derzeit einen entsprechenden Schriftsatz, der nächste
Woche fristgerecht dem EGMR übermittelt wird.
Es gibt keine Ex-Mörder
Es ist schon gut dass es eine Instanz wie den EGMR gibt, die über die Einhaltung von
Menschrechten wacht und auch dementsprechend urteilt. Aber ein Urteil dass einem
zu lebenslanger Haft verurteilten Mörder Bürgerrechte zuerkennt, ist im höchsten Maß
erstaunlich.
Bei Freddy Rabak steht ein sehr treffendes Zitat geschrieben. Es gibt Ex-Dealer, Ex-Diebe
oder Ex-Räuber. Aber es kann nie im Leben einen Ex-Mörder geben. Wir sehen dies ge-
nauso und deshalb ist das EGMR-Urteil eine moralische Ohrfeige gegenüber allen Opfern.
*****2010-07-01